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Der Instrumentenbauer und seine Frau: Tasteninstrumente sind ihr Leben

von Claudia Niessen

Am Bahnhof Friedenau haben Andreas Hermert und seine Frau Antoinette Hermert-Grün eine Ladenwohnung als Werkstatt eingerichtet. Tasteninstrumente sind ihre Leidenschaft. Der Künstler und Instrumentenmacher hat sich durch die Restaurierung von Klavieren und Orgeln sowie den Nachbau historischer Tasteninstrumente, wie das Clavichord, das Spinett und das Cembalo weltweit einen Namen gemacht.

Frau Hermert-Grün ist Klavierlehrerin und Expertin für historische Tasteninstrumente. Sie macht Vortragsreisen, gibt Unterricht und bietet Kurse an. Die Werkstatt ist eine Erfahrung für Instrumentenbegeisterte und Freunde von Hölzern und ihrem Duft.

Schlechte Noten in Musik

„In der Schule hatte ich immer schlechte Zensuren in Musik. Ich konnte keine Noten lesen.“ Überraschend bei einem Instrumentenbauer. Andreas Hermert löste das Problem.

„Zwei Jahre vor dem Abitur begann ich, mich für Barockmusik zu interessieren.“ Weshalb, weiß er bis heute nicht richtig. „Ich wollte selber Klavier spielen. Dafür musste ich Noten lesen lernen.“

Andreas Hermert und Antoinette Hermert-Grün lieben die Räume in der Friedenauer Bahnhofstraße, die sie vor fünf Jahren bezogen haben. „Es ist hell und geräumig, sodass ich an mehreren Werkstücken gleichzeitig arbeiten kann“, erzählt der Instrumentenbauer.

„Der Ort ist größer als die bisherigen Werkstätten in der Friedenauer Moselstraße und davor in Charlottenburg. Ich hatte noch nie so viele Aufträge wie hier und arbeite oft auch samstags.“ Für ihn ist sein Beruf „nicht Arbeit, sondern Berufung.“

Modellbauer im Guinnessbuch

Nachdem Andreas Hermert das Problem mit den Noten gelöst hatte und Klavier spielen konnte, wollte er ein Instrument bauen. Der Hobbymodellbauer hatte sich bisher mit Miniatureisenbahnen und Schiffen begnügt. Nun wünschte er sich eine Miniaturorgel.

Das Handwerkszeug und die Übung waren vorhanden. Die erste Miniaturorgel maß 20cm Höhe. Sie war spielbar mit Pinzette, Zahnstocher oder dem Nagel des kleinen Fingers. „Die Miniaturinstrumente sind widerstandsfähig und halten einiges aus“, erklärt er. Die ‚Bastelarbeiten’ inspirierten ihn zu dem Wunsch, den Instrumentenbau zu erlernen und nicht Malerei und Grafik zu studieren, wie er vormals geplant hatte.

Die Lehre in Trier bot Hermert alle Grundlagen für seinen jetzigen Beruf, „Schreinerarbeit, grobe Zimmermannsarbeit, Feinmechanik und das Stimmen der Instrumente.“ Gleichzeitig baute er Miniaturinstrumente und verfeinerte sein Handwerk.

Das brachte ihm 1989 einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde für die Anfertigung der kleinsten spielbaren Orgel der Welt. Er unterbot seinen eigenen Rekord drei Jahre später mit einer noch kleineren Orgel in Zündholzschachtelgröße.

Clavichorde, Cembali und das Reinigen von Pfeifen

Mit der Reparatur, Restaurierung und Neuanfertigung historischer Tasteninstrumente ist Andreas Hermert eine Größe in Fachkreisen und bei Liebhabern.

Zu seinen Kunden im In- und Ausland gehören Museen, Universitäten, Kirchen, Berufsmusiker und Privatpersonen. Seine Arbeit läßt er sich, wie jeder Handwerker, nach Aufwand, Arbeitsstunden und Material bezahlen.

„In der Werkstatt habe ich meistens drei Instrumente gleichzeitig in Arbeit. Wenn bei einem der Lack oder Leim trocknen muss, kann ich an einem anderen weiterarbeiten.“

Die Instandhaltung von Orgeln bringt Hermert auf Reisen. Im Sommer fährt er nach Bayern und in die Schweiz. Orgelreinigen kann, abhängig von der Größe der Orgeln, aufwändig sein. „Die kleinen Pfeifen werden in einem Bottich mit Wasser, Spülmittel und Flaschenreiniger gewaschen. Große Teile blase ich mit einem Kompressor aus. Bei Holzpfeifen kommt der Staubsauger zum Einsatz.“

Clavichordbau

Der Clavichordbau in der Werkstatt ist in den letzten Jahren intensiver geworden. „Das Clavichord ist eines der ältesten, wenn nicht gar das älteste besaitete Tasteninstrument.

Das älteste erhaltene Instrument von 1543 befindet sich im Musikinstrumentenmuseum in Leipzig. Haydn und Mozart haben das Clavichord geliebt und gespielt.“

Neben dem Bau erforscht Andreas Hermert die Instrumente in Sammlungen und Museen. Sie werden ausgemessen und dokumentiert. Auf Symposien und in Fachpublikationen stellt der Instrumentenbauer seine Forschungsergebnisse vor. „Es ist Detektivarbeit, bei der ich schon einige Funde gemacht habe.“

Die Instrumente, ob Cembalo, Clavichord oder Spinett, sind alle Einzelstücke, die nach den Wünschen der Kunden gefertigt werden. Dabei fließen die Forschungserkenntnisse in die Arbeit mit ein. Oft werden aus der Werkstatt Cembali oder Harmoniums für Konzerte und CD-Aufnahmen auch ausgeliehen.

Die Hermerts widmen sich mit großem Einsatz und Engagement der Arbeit mit den Instrumenten.

Vom Orient ins Alpenland

Immer mehr befasst sich Andreas Hermert mit den Hackbrettern. „Es gehört zur Familie der Zithern. Hierzulande ist es hauptsächlich aus der Volksmusik bekannt und wird mit Klöppeln gespielt.

Dabei ist die alpenländische Variante die ‚rauhere’ mit dumpfem, harten Klang, der auch durch die zu dicken Stahlseiten verursacht wird. Sie ist nicht vergleichbar mit dem Renaissance- und Barockhackbrett, das leicht gebaut und mit dünnen Saiten aus Messing und Eisen ausgerüstet ist.“

Der Instrumentenbauer weiß, dass Hackbretter ursprünglich aus dem Orient stammen und vermutlich durch die Kreuzfahrer, ähnlich wie die Laute, ihre Verbreitung in Europa fanden.

„Das Interesse an dem historischen Instrument ist gering“, erklärt Andreas Hermert, „dabei sind die Geschichte und das Instrument selbst spannend und vielfältig. Leopold Mozart hat Kompositionen dafür geschrieben.“

Andreas Hermert ist in seinem Element. Seine Begeisterung ist mitreißend. Antoinette Hermert-Grün teilt die Leidenschaft. Es ist keine Überraschung, dass die beiden sich während einer Clavichordfachtagung kennen gelernt haben. Das einhundertzehnte Instrument ist gerade fertig gestellt worden. Fortsetzung folgt.

Andreas Hermert

Nützliche Informationen

Künstler und Instrumentenmacher

Reparatur, Restaurierung und Neuanfertigung von historischen Tasteninstrumenten.

Antoinette Hermert-Grün: Unterricht im Clavichord und Cembalospiel

Werkstatt: Bahnhofstr. 3
12159 Berlin
Tel.: 030 - 851 15 80 (Nach Vereinbarung)

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