Die Radziwills

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Radziwill und Hohenzollern

Drei Jahreszahlen prägen die verbindungen zwischen Polen und Preußen ganz besonders: 1772 – 1793 – 1795: Diese Daten markieren das sukzessive Verschwinden der I. Rzeczpospolita (polnisch-litauische Adelsrepublik) von der Karte Europas. Infolge der expansiven Außenpolitik seiner Nachbarn – Russland, Preußen und Österreich – und der innenpolitischen Probleme verlor Polen für mehr als 100 Jahre seine Unabhängigkeit.

Im Laufe der Zeit entstanden unterschiedliche Strategien, um unter den neuen politischen Bedingungen zu leben und ihnen standzuhalten. Nach der dritten Teilung Polens verlor Warschau für die traditionell herrschende Aristokratie an Attraktivität.

Polen nach Europa

Auf der Suche nach einem neuen Ort zum Leben und Wirken verteilten sich Angehörige der bedeutendsten polnischen Adelsgeschlechter auf ganz Europa.

Die erste Generation Anton Heinrich und Luise von Hohenzollern

Die Wahl der Familie Radziwiłł fiel auf Berlin. Diese Entscheidung war dem Zufall der Liebe geschuldet. Die Hochzeit von Anton Heinrich Radziwiłł mit Luise Dorothea Friederike von Hohenzollern, der Nichte Friedrichs des Großen, verband das Geschlecht der Radziwiłł mit dem preußischen Hof. Für mehr als einhundert Jahre führte diese Verbindung die Familie in die höchsten Kreise der Berliner Gesellschaft ein.

Diese Ehe hatte zudem politischen Charakter und war von großer Bedeutung für die Monarchie der Hohenzollern. Indem der preußische König den Vertreter eines für Polen so wichtigen Geschlechts in seine Familie aufnahm, erlangte er indirekt eine Bestätigung der Akzeptanz der Polen für die vorgenommene Teilung.

Als auf dem Wiener Kongress  die Entscheidung über die Schaffung des von Preußen abhängigen, aber autonomen Großherzogtums Posen fiel, wurde eben jener Anton der erste Statthalter. Anton war kein erfahrener Politiker.

Kosmopolitische Vorstellungen lagen ihm näher als nationale Bestrebungen. Für entschieden wichtiger hielt er Kunst und Kultur im weitesten Sinne. Die Töchter von Anton und Luise waren – wie ihre Mutter – Protestantinnen, die Söhne wie der Vater
Katholiken.

Die zweite Generation
Elise, Wilhelm, Boguslaw und Leontine Radziwiłł

Ich hatte kaum gekostet wie es war … geliebt zu sein …“, gestand die junge Elise Radziwiłł ihrer Freundin Lulu Kleist im Jahre 1825, als sie bereits wusste, dass ihre langjährige Verbindung mit dem späteren Kaiser Wilhelm I. zu Ende ging.

Elise Radziwiłł an Lulu Kleist, Posen, 6. April 1825 „…Sie werden wissen, dass der Kaiser als junger Mann eine schwärmerische Neigung für die Schwester des verstorbenen Wilhelm und meines heute Morgen verstorbenen Nachbarn Bogislaw hatte.

Er mußte von einer Heirat aus staatsrechtlichen Gründen, und weil sie Polin war absehen, aber die jugendliche Neigung hat bis heute angehalten und den beiden Brüdern eine Bedeutung geliehen, die sie sonst nicht erlangt hätten. In dem Radziwillschen Hause wurde alles gemacht.“, kommentierte noch in den 1870er
Jahren Otto von Bismarck. In diesen zynischen Worten verbarg sich die Angst davor, dass die polnische Adelsfamilie ihre Stellung am Hof der Hohenzollern dazu nutzen könnte, die Position Polens und der katholischen Kirche zu stärken.
Rede 42, Gespräch mit Professor v. Schulte, Berlin, 12. Januar 1873, Otto von Bismarck, Die
Gesammelten Werke, Ausgabe 2, Berlin1932, Band VIII, S. 47

Gleichzeitig bemerkte der Eiserne Kanzler sehr wohl das Zerwürfnis, das der Familie drohte: „Nun sei der Chef der Katholischen Abteilung so gut wie ein Radziwillscher Leibeigner. Ich habe mehr als einmal dem Könige auseinander gesetzt, dass diese Abteilung schlimmer sei als ein Nuntius in Berlin.

Ein Nuntius würde die Interessen der katholischen Kirche, aber nicht der Polen vertreten. Der Träger des Radziwillschen Einflusses war der jüngere beider Brüder, Fürst Bogislaw, auch von Einfluss in Berlin. Der ältere, Wilhelm, und sein Sohn Anton, waren zu ehrliche Soldaten, um sich auf politische Intrigen gegen den König und dessen Staat einzulassen.”
Otto von Bismarck, Die Gesammelten Werke, Ausgabe 2, Berlin 1932, Band II, S. 334

Die dritte Generation Ferdinand und Edmund, Anton und Maria

Aus dem Dilemma zwischen Loyalität zum deutschen Kaiser und polnischem Patriotismus suchte die dritte Generation der Berliner Radziwiłł-Familie zwei unterschiedliche Auswege.

Anton und seine Ehefrau Maria wählten die Freundschaft des Kaisers. Ferdinand und seine Frau Pelagia sowie dessen Bruder Edmund sprachen sich für den Traum von der polnischen Unabhängigkeit aus. Und das mit allen daraus folgenden Konsequenzen. Ferdinands Tochter, Maria Margarethe, erinnerte sich: „Meine
Eltern und die Fürstenfamilie Antons entfernten sich mit der Zeit immer mehr voneinander.“
Maria Małgorzata z Radziwiłłów Potocka, Z moich wspomnien [Aus meinen Erinnerungen], London 1983
Dies bemerkten auch andere Chronisten der damaligen Zeit und schrieben: „Fürst Ferdinand Radziwiłł spielt in der Gesellschaft keine größere Rolle. Wegen seiner politischen Ansichten ist er zu Hofe kein gern gesehener Gast. Er ist Abgeordneter und sitzt im Reichstag unter den Polen.“
Graf Paul Vassili, Hof und Gesellschaft in Berlin 1884

Kaiser Wilhelm II. wiederum erinnerte sich an Fürst Anton an dessen Grab: „Es starb der preußischste Preuße unter allen Preußen“. In der dritten Generation wurde die Trennung der Berliner Radziwiłł- Familie in eine Linie der polnischen Patrioten und eine gegenüber dem Kaiserhof loyalen Linie immer deutlicher.

Die Nachkommen des Fürsten Boguslaw stärkten die Reihen der polnischen Abgeordneten im Reichstag, wo sie die Rechte der polnischen Minderheit verteidigten.

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