Berlin Kreuzberg SO 36

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Bilder aus zwei Welten:<br>Peter Frischmuth: Berlin Kreuzberg SO 36

von Frank Tetzel

"Kinder wie die Zeit vergeht!" Meine Oma hat das immer gesagt, und als ich noch klein war und in den Kindergarten ging, das war in den sechziger Jahren in einer altehrwürdigen Hansestadt, da habe ich den Spruch von ihr nicht begriffen.

Heute, inzwischen über vierzig Jahre alt, und das Buch von Peter Frischmuth "Berlin Kreuzberg SO36" in den Händen haltend, fange ich auch an, darüber nachzudenken. Die DDR gibt es seit 18 Jahren nicht mehr, die "Wendekinder" sind inzwischen volljährig.

Ich frage mich, wie die Bilder von 1982 und 2006/7, die Frischmuth in seinem wunderbar fotografierten Band gegenüberstellt, wohl für diese junge Generation wirken müssen.

Ich selbst kann mich ja an das damalige Kreuzberg noch erinnern, an die besetzten Häuser, in die wir, weil irgendjemand aus unserer norddeutschen Hansestadt irgendjemanden kannte, der jemanden kannte, der dort wohnte, fuhren, um wenigstens für ein halbes Wochenende den Thrill des Verbotenen zu erleben.

Insofern kann ich diese Gegenüberstellung ganz besonders gut verstehen und habe fast ein Gefühl, das Oma gehabt magen mag, wenn sie von der guten alten Zeit sprach, die weder gut, noch alt gewesen ist, sich aber in der Erinnerung verklärte.

Peter Frischmuth schreibt in seinem Vorwort:

"Im Dezember 1973, im Alter von 16 Jahren, war ich zum ersten Mal in
Berlin. Ich werde den Blick durch das Fenster der PanAm Maschine im
Landeanflug auf den Flughafen Tempelhof niemals vergessen.
Es war bereits dunkel, als das Flugzeug durch die Wolkendecke stieß.
Unter mir ein helles Band aus grellem Scheinwerferlicht, das die Stadt
zerschnitt.
Die Mauer, der Todesstreifen – mein erster Eindruck von Berlin.
Wie kein anderer Stadtteil Berlins geriet der Bezirk Kreuzberg, und hier
speziell der ehemalige Postzustell­bezirk SüdOst 36, durch den Mauerbau
des Jahres 1961 in eine Randlage. Bis 1961 fand über die Spreebrücken
ein lebhafter Pendelverkehr zwischen Ost- und Westberlin statt.
Die Bewohner von SO 36 konnten ungehindert die Naherholungsgebiete
Schlesischer Busch oder Treptower Park besuchen. Mit dem Bau der
Mauer änderte sich das schlagartig. Den Bewohnern der Mietskasernen
wurden ihre Naherholungsgebiete entzogen.
Den ansässigen Industriebetrieben fehlten von einem Tag auf den
anderen Tausende von Arbeitskräften, die bis dahin täglich von Ost
nach West zur Arbeit kamen.

1982 wurde Berlin Kreuzberg zum Thema meiner Examensarbeit an der
Fachhochschule Dortmund, wo ich seit 1978 Fotografie studierte.
Inhalt meiner Arbeit war eine fotografische Beschreibung des Stadtteils.
Die Architektur der Gründerzeit, die Menschen im »Kiez« und das
Zusammenleben der verschiedenen Kulturen.
Die vergangenen Jahre und besonders der Fall der Mauer haben
Kreuzberg SO 36 verändert. Aus seiner Randlage be­freit, enden die
Hauptverkehrsadern Skalitzer Straße als auch die U-Bahnlinie 1 nicht
mehr als »Dead End« am Schlesichen Tor.
Der Stadtteil ist in die Stadt zurückgekehrt.
Nach 25 Jahren habe ich SO 36 erneut als Thema aufgegriffen.
Auf meinen eigenen Spuren habe ich Orte und Menschen wieder
aufgesucht.
Die direkte Gegen­überstellung der Bilder zeigt die Veränderung.
"

berlin-magazin.infoBewertung:  ++

Peter Frischmuth
Berlin Kreuzberg SO 36
November 2007, Berlin Story Verlag
128 Seiten
s/w- und Farbfotografien
Gebunden
ISBN 978-3-929829-68-6
19,80 €

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