Blockwart

von Frank Tetzel

Wissen Sie was ein Blockwart ist?  Das waren die Leute die zu Adolf Nazis Zeiten in der Nachbarschaft darüber wachten, dass die Verdunkelung eingehalten wird und dass auch sonst alles systemtreu war. 

Uns Deutschen wird ja von unseren Nachbarn Blockwartmenatlität vorgehalten, weil wir in vielem, was wir tun, in vorauseilendem Gehorsam staatstragend sind. Eigentlich müssten wir unserem amtierenden Innenminister allen als Zier gereichen.

Inzwischen ist jedoch der wahre Blockwart in unser Viertel zurückgekommen. Ich weiß nicht, wie er heisst. Es interessiert mich auch nicht, es gibt unangenehme Gestalten, von denen man den Namen besser nicht weiss. Er trägt eine blaue Montur, ein blaues Käppi und ist mit einem Minicomputer, Handy und einer Digitalkamera ausgerüstet. Auf seinem Rücken prangt in großen Lettern "Ordnungsamt".  Gib einem Deutschen ein Amt und ne Uniform und er reisst sich ein Bein aus. Unser Blockwart würde sich auch zwei Beine ausreissen, wenn er könnte...

Seit geraumer Zeit erhalte ich regelmäßig Post. Unser Blockwart kann den amtlichen Parkausweis, der an der Frontscheibe des Autos befestigt ist, nicht lesen. Alle anderen schon, nur er halt nicht. Jede Post kostet fün Euro.

Bei uns nebenan gibt es eine Garage, die von unserer Nachbarin nicht genutzt wird. Seit Jahren schon und es geübte Praxis, dass - wenn es dort einen freien Platz gibt - auch dort vor der Einfahrt geparkt wird. Es gibt ja niemanden, der diese Einfahrt verlassen kann, denn unen im Keller befindet sich eine kleine Hobbywerkstatt. Seit neuestem bekommen diejenigen, die jetzt vor der Grundstückseinfahrt parken, Post von unserem Blockwart. Diese ist gleich ein wenig teurer. Selbst der Einwand unserer Nachbarin, dass es sie nicht stört, wenn jemand vor der Ausfahrt parkt, interssiert den uniformierten Korinthenkacker nicht.

Ich habe ja nichts dagegen, dass der Bezirk den ruhenden Verkehr überwachen lässt, aber was zuviel ist, ist zuviel. Wird spannend werden, wenn unser Blockwart in Zukunft auch das Rauchverbot und die Umweltplaketten und den anteiligen Verbrauch an Atemluft pro Anwohner im Bezirk Tempelhof-Schöneberg kontrollieren soll. Da ist der geplante Bundestrojaner des Innenministers nichts dagegen.

Das Bezirksamt schweigt zu alledem: das ist klamm und braucht  das Geld, das als fester Etatposten im Haushalt eingeplant ist. 

Und unser Blockwart zieht mit stolz geschwellter Brust seine Runden.