Studentenbewegung

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Unter den Talaren: <br>Studentenbewegung in Berlin

Als Mitte der sechziger Jahre die Studenten in der Bundesrepublik mit dem Ruf „Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren“ auf die Straße gingen, hatte der Großteil der Politiker und der Bevölkerung die innenpolitischen Defizite völlig aus den Augen verloren. Umso unerwarteter trafen sie die studentischen Proteste. Die Unruhen begannen in Berlin.

Die Studenten demonstrierten für eine demokratische Erneuerung der Hochschulen, die nach 1945 versäumt wurde. Schnell kam es zu Zusammenstößen zwischen Studenten und Polizei, Zusätzlich forderten der Vietnamkrieg und das Engagement der USA dort die Studenten zur Kritik heraus. Es war für viele Studierende eine schizophrene Situation: Einerseits hatte die Anwesenheit US-amerikanischer Truppen in der Stadt das freie Studieren erst möglich gemacht, andererseits begingen die Amerikaner in Vietnam schrecklichste Greueltaten und hielten im Süden des südostasiatischen Landes eine rechte Diktatur an der Macht.

Doch auch innenpolitisch wollte die Studentenbewegung Änderungen bewirken: Die nicht bewältigte nationalsozialistische Vergangenheit, deren Vertreter z. T. noch immer hohe Funktionen im Staat innehatten, wurde angeprangert. Die „formaldemokratische“ Bundesrepublik, das starre Festhalten am Antikommunismus und fast alle Werte der Wohlstands- und Konsumgesellschaft wurden in Frage gestellt.

Als der Student Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 während einer gegen den Schah von Persien gerichteten Demonstration von einem Polizisten erschossen wurde, kam es zu heftigen Krawallen zwischen Studenten und Polizei.

Nicht unterbewerten darf man in diesem Zusammenhang die Presse, allen voran die Springer-Presse, die die Studentenbewegung in höchstem Maße publizistisch verunglimpfte und die die restriktiven Maßnahmen der Polizei während der „Anti-Schah-Demo“ begrüßt hatte. Die Stimmung schlug hohe Wellen.

Ausgerechnet in Berlin, der Frontstadt des Antikommunismus, gingen „rote“ Studenten auf die Straße. Der einstige Konsens, das, was viele Berliner über fast zwei Jahrzehnte seit der Blockade zusammengehalten hatte, war dahin. Eine außerparlamentarische Opposition (APO) hatte sich gebildet.

Nun folgte Demonstration auf Gegendemonstration. Wieder fielen Schüsse. Diesmal trafen die Kugeln den prominenten Studentenführer Rudi Dutschke, der elf Jahre später an den Spätfolgen dieses Attentats starb. Auslieferungsfahrzeuge des Springer-Unternehmens gingen daraufhin in Flammen auf, da man die Presse für den eigentlichen Urheber des Attentats hielt. Die Protestbewegung war bald nicht mehr nur studentisch, sie ging durch den Großteil der damaligen Jugend und griff sehr schnell auf das Bundesgebiet über.

Als im August 1968 Panzer der Ostblockstaaten in Prag einrollten, um den Prager Frühling niederzuschlagen und damit ein Modell des demokratischen Sozialismus zu zerschlagen, erlitt die Studentenbewegung einen schweren Schock und verlor einen Teil ihres Einflusses.

Dennoch: die bundesrepublikanische Gesellschaft wurde durch die Unruhen in Bewegung gebracht, man dachte verstärkt über Demokratisierung nach, und als Willy Brandt 1969 als Kanzler einer ersten sozialliberalen Koalition „mehr Demokratie wagen“ wollte, da war die Studentenbewegung - nicht nur in Berlin - praktisch tot.

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