Die zwanziger Jahre

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20iger Jahre Zwischenkriegszeit<br>Politik und Kunst

Das Ende des Ersten Weltkriegs brachte sowohl einen Mentalitätswandel der Europäer als auch große Veränderungen auf der Weltkarte mit sich. Die Deutschen gingen aus dem Krieg als Besiegte hervor.

Der zur Abdankung gezwungene Kaiser Wilhelm II. musste das Land verlassen und sich ins Exil begeben. Die Bevölkerung fühlte sich hintergangen und durch die Bedingungen des Versailler Vertrages erniedrigt.

Nach 123 Jahren Teilung konnten die Polen wieder einen souveränen, unabhängigen Staat gründen. In Gründerstimmung kehrten die seit vielen Jahren im Ausland lebenden Polen in ihr Vaterland zurück. Es war von Grund auf neu zu gestalten und aufzubauen.

Wie alle zu jener Zeit neu entstehenden Staaten musste auch Polen das Minderheitenabkommen unterzeichnen und damit die rechtliche Situation der auf polnischem Gebiet lebenden Deutschen regeln. Die Lage der polnischen Minderheit in Deutschland blieb weiterhin ungeklärt.

Nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Polen und Deutschland nahmen in Berlin die Gesandtschaft (1918) und später die polnische Botschaft (1934) ihre Arbeit auf.

Letztere übernahm unter anderem die Verpflichtung, sich um die in Deutschland lebenden Polen zu kümmern. Eine herausragende Rolle spielte der 1922 gegründete Verein der Polen in Deutschland.

Nach der Machtübernahme durch die NSDAP schienen die deutsch-polnischen Beziehungen zunächst so intakt wie nie zuvor. Die polnische Kultur erlebte in Berlin eine Blütezeit. All dies erwies sich aber als das trügerische Präludium einer Tragödie.

Sie kündigte sich 1938 mit der Vertreibung von 6000 Juden – polnische Staatsbürger – auf drastische Weise an.

Kunst & Avantgarde

Berlin - Poznań. Bunt und Die Aktion Berlin und Posen waren gegen Ende des Ersten Weltkriegs Teil einer größeren Konstellation – des internationalen Avantgarde-Netzwerkes.

Es bestand aus informellen Künstlerkontakten, Ausstellungen, Kongressen, Galerien und Zeitschriften. In Berlin wirkten zwischen 1900 und 1933 – größtenteils vorübergehend – etwa 60 avantgardistische Künstler. Am längsten, d.h. über zwanzig Jahre lang, war hier das deutsch-polnische Künstlerpaar Margarete und Stanisław Kubicki tätig. Ihr Wirken gilt als symbolische Brücke zwischen Deutschen und Polen. Es verbindet die frühe expressionistischkubistische mit der zweiten, konstruktivistischen Phase der Avantgarde.

Die Kubickis initiierten die Kontakte der Posener Gruppe Bunt, die sich um die Zeitschrift Zdrój formierte, mit der Berliner Zeitschrift und Galerie Die Aktion.
Dadurch kamen zahlreiche deutsch-polnische Ausstellungs- und Verlagsprojekte zustande.
Der Turmbau zu Babel von Kubicki auf dem Plakat der ersten Bunt-Ausstellung steht sowohl für die von Kandinsky angekündigte Utopie des vergeistigten neuen Menschen, als auch für die Utopie der künstlerischen und sozialen Revolution.

Das Symbol verweist auf manche für das Universum der Avantgarde konstitutiven Gegensätze: supranationale neue Gemeinschaft versus neue mitteleuropäische Nationalstaaten nach dem Ersten Weltkrieg; Natur versus Kultur; sozialer und
künstlerischer Traditionalismus versus Provokation im Sinne von épater le bourgeois sowie Irreligiosität, inspiriert durch Pazifismus, Buddhismus und Anthroposophie.
Die neue, etwa expressionistische, Ästhetik in Kunstzeitschriften war durch das Primat der Ethik sowie das Zusammenspiel von Wort und Bild geprägt.

Manifeste und Verse in mehreren Sprachen, oft zeitgleich veröffentlicht, sollten der Botschaft von der Neuen Kunst mehr Intensität verleihen.
Ein bezeichnendes Beispiel hierfür ist das zweisprachige programmatische und literarische Werk von Stanisław Kubicki und anderen Künstlern der Gruppe Bunt.

Im Jahr 1918 veröffentlichten sie nahezu parallel ihre Werke in Deutsch und Polnisch in Zdrój und Die Aktion.

Avantgarde
Die Konstruktivistische Internationale, Der Sturm und neue Medien

Der wichtigste Auftritt der polnischen Avantgarde in Deutschland war der Kongress der Union Internationaler Fortschrittlicher Künstler in Düsseldorf im Jahr 1922. Polen wurde dort von den Kubickis, Jankel Adler, Henryk Berlewi und Pola Lindenfeld vertreten. Den Kontext dazu bildeten in Berlin die Aktivitäten der Gruppe Die Kommune und die Internationale Ausstellung Revolutionärer Künstler. Die Kubickis hatten sie mit initiiert.

Das Atelier dieses Künstlerpaares wurde zur Begegnungsstätte der Dadaisten, Konstruktivisten und Vertreter der Neuen Sachlichkeit.

Das Bild als Kunstmedium wurde allmählich durch Experimentalfotografie und Fotomontage verdrängt und in den Rhythmus der modernen Metropole und der Politik eingespannt. Als Instrumente der Ästhetik und sozialen Persuasion erschienen sie etwa in den Zeitschriften Der Sturm, a bis z und Blok.
Die dort abgebildeten Werke von Kasimir Malewitsch, Louis Marcoussis, Stanisław Kubicki, Henryk 12 Berlewi, Teresa Żarnower oder Mieczysław Szczuka weisen eine markante Spannung zwischen Figuration und Abstraktion auf. Die internationale Sprache der Avantgarde mit all ihren nationalen Idiomen wurde durch rationale Typografie und Geometrie als Code der Transzendenz geprägt.

Zugleich wurden sie im Dienste der Veränderung von Wirklichkeit und ideologischer Manipulation instrumentalisiert. Die international orientierte Avantgarde wurde im neu konstituierten Polen sogar stärker als in Deutschland innerhalb der nationalen Kulturpolitik marginalisiert.

Das avantgardistische Universum besteht aus Dissonanzen: Mit dem Anspruch auf Autonomie gehen politische Affinitäten und Sympathien für den Kommerz einher. Mann denke hier nur an das Schaffen von Mieczysław Szczuka oder Henryk Berlewi, das sowohl die Op-Art als auch die modernen Strategien der Werbung antizipiert. Der technizistische Mythos der Modernität und die eskapistische Vision der Natur stehen hier in Konkurrenz zueinander. Den Konflikt zwischen sacrum und profanum, Religion und Politik evoziert das letzte, unvollendete Werk von Kubicki – Moses vor dem brennenden Dornbusch (1933/34).

Es ist der Schlussakkord und das dumpfe Echo der Avantgarde-Utopie der Großen
Geistigkeit in Deutschland kurz nach der Machtergreifung Hitlers. In Łódź entsteht unmittelbar davor die Internationale Sammlung Moderner Kunst – ein Signal für die Institutionalisierung der Avantgardebewegung. Hausmann und Adler verließen Deutschland. Kubicki wurde von der Gestapo ermordet.

Die in seinem Atelier zerschlagenen Skulpturen von Pola Lindenfeld und Otto Krischer stehen als pars pro toto für die Trümmer Europas. Erst 1961 begegneten sich Kubicka und Berlewi wieder – bei der Eröffnung des Zweiten Deutschen Herbstsalons, der Ausstellung Herwarth Walden – Der Sturm und die Europäische Avantgarde Berlin 1912-1932.

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